WAS IST DAS EIGENTLICH?

Positives Hundetraining

Wenn du dich schon einmal mit Hundetraining auseinandergesetzt hast, dann bist du vermutlich auch schon über den Begriff des positiven Hundetrainings gestolpert. Viele sprechen darüber, viele lieben es und schwärmen davon, es gibt jedoch auch einige kritische Stimmen und diese Trainingsmethode wird kontrovers diskutiert.

Aber was ist dieses positive Hundetraining überhaupt?

Weil es so viele Meinungen und Aussagen dazu gibt kann es leicht passieren, dass man den Überblick verliert und irgendwann überhaupt nicht mehr weiß, was positives Hundetraining überhaupt sein soll. Abgesehen davon gibt es auch einige Vorurteile die so sehr in unseren Köpfen verankert sind, dass wir sie nicht einmal hinterfragen, obwohl sie gar nicht der Wahrheit entsprechen.

Ähnlich wie Kindererziehung ist auch Hundetraining ein kontroverses und viel diskutiertes Thema. Jeder hat eine Meinung und jeder weiß es besser. Um sich jedoch wirklich eine Meinung bilden zu können, ist es wichtig, sich zu informieren und Wissen anzueignen, auf dessen Basis man selbst entscheiden kann, was man für sinnvoll erachtet und was nicht. Mit diesem Artikel möchte ich einen Beitrag zum besseren Verständnis des positiven Hundetrainings liefern.

Wenn wir uns im Hundetraining umsehen, dann finden wir bei weitem nicht nur das positive Hundetraining, im Gegenteil. Seit Jahren sind die verschiedensten Hundemenschen davon überzeugt, dass man einen Hund bestrafen muss, wenn er etwas tut, das er nicht tun soll. In alten Hunderatgebern findet man Tipps wie man müsst den Hund auf den Rücken drehen und festhalten, ihm das Maul zuhalten, ihm in die Seite “stupsen” oder an der Leine “zupfen”.

Daher sieht man überall Hundemenschen die lautstark mit ihre Hunden diskutieren oder versuchen diese körperlich in die Schranken zu weisen. Diese “Tipps” habt ihr bestimmt auch schon mal gehört und irgendwer hat euch bestimmt erzählt, das der eine oder andere Hund eben eine harte Hand brauchen würde und dass das gar nicht anders funktionieren würde.

Lange Zeit war das auch die allgemeingültige Meinung und die Art und Weise, wie man standardmäßig mit einem Hund umgegangen ist. Mittlerweile sind jedoch einige Jahre vergangen. In der Zwischenzeit haben wir einige Studien durchgeführt, Dinge untersucht und Neues herausgefunden. Wir wissen jetzt mehr über Hunde und unsere Beziehung zu ihnen. Wir wissen wie sie lernen und was die jeweiligen Methoden bei ihnen bewirken und auslösen.

Strafe

Wir haben zum Beispiel gelernt, dass Strafe funktioniert. “Was? Ich dachte hier geht es um positives Hundetraining!” wirst du dir jetzt vermutlich denken und keine Sorge, das tut es auch, dennoch möchte ich das gesamte Bild betrachten. Was meine ich damit, wenn ich sage dass Strafe funktioniert? Strafe ist ein Teil der Lerntheorie, der dazu führt, dass Hunde die für etwas bestraft werden, dieses Verhalten in Zukunft weniger zeigen. Strafe hat jedoch auch einige negative Konsequenzen, worüber in der Regel nicht aufgeklärt wird, wenn Strafe als Trainingselement empfohlen wird.

Wenn du deinen Hund also strafst, dann gehst du immer das Risiko ein, dass potentielle negative Konsequenzen entstehen. Das Vertrauen und die Beziehung zu deinem Hund können darunter leiden wenn von dir etwas negatives ausgeht und du für deinen Hund unberechenbar wirst. Dein Hund kann die Strafreize außerdem fehlverknüpfen und das unangenehme Gefühl, welches durch die Strafe entsteht zum Beispiel mit anderen Hunden oder Menschen verknüpfen und diese in Zukunft negativer wahrnehmen. Dein Hund kann aber auch unsicherer oder ängstlicher werden und neben all dem bekämpft Strafe nur Symptome und löst nicht die Ursache des Verhaltens. Mit all diesem Wissen kannst du schließlich selbst entscheiden, ob du Strafe aktiv in deinen Umgang mit deinem Hund integrierst oder nicht aber nun zurück zum positiven Training.

Also was ist jetzt positives Hundetraining?

Positives Hundetraining ist die Methode im Hundetraining, die auf den aktiven Einsatz der oben erwähnten Strafe im Umgang mit dem Hund verzichtet. Diese Art der Strafe nennt sich positive Strafe. Der Name ist verwirrend, denn diese Strafe ist nicht gut sondern das positiv steht hier eigentlich nur für “etwas hinzufügen”. Es wird dem Hund nämlich etwas unangenehmes hinzugefügt, damit er das aufhört was er gerade tut. Zum Beispiel ein Leinenruck oder auf den Boden drücken oder in den Weg springen oder oder oder. Im positiven Hundetraining wird diese Art der Strafe nicht aktiv eingesetzt, um dem Hund dadurch etwas zu lernen.

Das bedeutet nicht, das positives Hundetraining rein oder ausschließlich positiv ist. Häufig wird positives Hundetraining als rein positiv bezeichnet und es wird impliziert, dass ausschließlich mit positiver Verstärkung gearbeitet wird und der Hund im Grunde nur Leckerlis bekommt. Aber das stimmt nicht. Im Leben kann nämlich nicht ausschließlich positiv sein. Nur weil positive Strafe aktiv nicht eingesetzt wird, kann es trotzdem dazu kommen, dass der Hund diese Art der Strafe erfährt. Der Hund lebt schließlich in unserer Welt und kann nicht immer nur tun was er gerade möchte, das kann sich für den Hund schon negativ anfühlen, ohne dass er gezielt bestraft wurde. Auch wenn man sich in einer unvorhergesehenen, gefährlichen Situation befindet kann es manchmal vorkommen, dass man aus Mangel an Alternativen, oder weil man als Mensch einfach zu spät dran war, positive Strafe nutzen muss. Angenommen der Hund rennt auf die Straße weil die Besitzer*in gerade unaufmerksam war und in dem Moment kommt ein Auto und der Hund reagiert nicht. Dann wird die Besitzer*in den Hund vermutlich an der Leine von der Straße ziehen, um einen Unfall zu vermeiden. Für den Hund ist das positive Strafe.

Der Unterschied zu gezieltem Einsatz von Strafe ist hier jedoch, dass das nicht die Go-to Strategie wird, um den Hund von Autos fernzuhalten. Sondern beim nächsten Mal wird die Besitzer*in dafür sorgen, dass der Hund erst gar nicht auf die Straße läuft. Und zwar indem sie ihm zum Beispiel lernt, auf dem Weg zu bleiben und ihn dann dafür belohnt oder indem sie die Leine so kurz hält, dass er gar nicht auf die Straße laufen kann. Wir handeln also vorausschauend und warten nicht ab, bis ein Fehler passiert, um diesen dann bestrafen zu können. Das zeichnet positives Hundetraining aus. Vorausschauendes, konstruktives Handeln, kein Abwarten!

Ein weiterer wichtiger Aspekt im positiven Hundetraining ist, dass wir keine Symptombekämpfung betreiben. Was bedeutet das? Wenn mein Hund zum Beispiel andere Menschen anbellt und ich rucke immer an der Leine, wenn er das tut, dann betreibe ich Symptombekämpfung. Das Bellen ist nämlich nur ein Symptom. Das Bellen ist nicht das Problem an sich. Verhalten hat immer eine Ursache und um diese Ursache behandeln zu können müssen wir erst einmal herausfinden was es ist.

Ich sehe also, dass der Hund Menschen anbellt, aber warum tut er das?

Wenn wir herausfinden wollen, warum der Hund in unserem Beispiel Menschen anbellt, dann müssen wir mehr über ihn und seine Erfahrungen und Erlebnisse herausfinden. Häufigsten Ursachen für Bellen in solchen Situationen sind zum Beispiel negative Emotionen des Hundes. Wie beispielsweise Angst oder Frust. Es könnten aber auch Schmerzen oder positive Emotionen wie Freude und Aufregung die Ursachen für das Bellen sein.

Deshalb ist es wichtig, so viel Information wie möglich über den Hund herauszufinden, um das Verhalten bestmöglich einzuschätzen. Wenn wir zum Beispiel wissen, dass der Hund aus dem Tierschutz kommt und in seinem letzten Zuhause von einem Mann schlecht behandelt wurde und hauptsächlich Männer anbellt, dann können wir daraus schließen, dass der Hund vermutlich durch seine negativen Erfahrungen, negative Emotionen mit Männern verknüpft und deshalb bellt. Den Hund dafür zu bestrafen würde in diesem Fall überhaupt nicht das Problem lösen und die Situation für den Hund nur noch unangenehmer machen.

Ursache VS Symptombekämpfung

Im positiven Hundetraining geht es jetzt darum, die Ursache zu verändern. In unserem Fall ist das die Angst, die der Hund vermutlich mit Männern verbindet. Das Ziel im Training ist es also, die Angst zu lösen, damit der Hund stattdessen neutrale oder sogar positive Emotionen mit Männern verknüpfen kann.

Das erreicht man indem der Hund viele positive Erfahrungen mit Männern sammelt. Eine Herangehensweise wäre es beispielsweise, dass man den Hund immer wieder in Situationen bringt, in denen er Männern in einer Distanz begegnet, in der er sich noch nicht bedroht fühlt und daher noch nicht bellt. Außerdem wird der Mann in diesen Situationen für den Hund positiv belegt, es passieren also Dinge, die der Hund toll findet, während er den Mann sieht. Wie das genau aussieht und was der Hund toll findet muss natürlich individuell auf den jeweiligen Hund abgestimmt werden. Wenn der Hund jetzt häufiger diese positiven Erfahrungen sammelt, dann wird die Angst langsam immer weniger werden.

Und wenn der Hund keine Angst mehr hat, dann wird er auch nicht mehr bellen. Denn das Bellen war schließlich nur das Symptom der Angst und nicht das eigentliche Problem an sich. Im Grunde ist das gar nicht so kompliziert. Außerdem muss man den Hund kein einziges Mal für das Bellen bestrafen, das Bellen ist schließlich nur ein Symptom. Wir arbeiten an der eigentlichen Ursache.

Das ist ein sehr großer und wichtiger Punkt der positives Hundetraining auszeichnet. Positives Hundetraining ist natürlich noch viel mehr als das aber das würde nur den Rahmen sprengen. In Zukunft findest du hier wöchentlich einen neuen Artikel zum Thema positives Hundetraining.

Was macht positives Hundetraining deiner Meinung nach aus?
Ich freue mich über deine Ansichten.

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